Richard Wagner in Braunschweig
Am 04.04.2016 wurde am Haus der Komödie am Altstadtmarkt eine Wagner-Plakette feierlich enthüllt.
Sie erinnert an einen Besuch Wagners vom 13. bis 15. April 1875 in Braunschweig.
Drei Tage verbrachte der Komponist Richard Wagner in Braunschweig – und wohnte hier im Gebäude der Komödie am Altstadtmarkt, Gördelingerstraße 7, das damals Schraders Hotel barg. Eine Gedenktafel an der Fassade erinnert nun wieder daran.
Wagner traf am 13. April 1875 mit der Eisenbahn ein. Er befand sich auf Rundreise, um Sänger für die 1876 erstmals geplanten Bayreuther Festspiele zu testen. Als Siegfried für die Erstaufführung des „Rings des Nibelungen“ hatte er den Braunschweiger Tenor Hermann Schroetter im Visier. Wagners wohl etwas kurzfristiger Abstecher bewirkte, dass die für den 14. April wegen Heiserkeit des Tenors schon abgesagte „Tannhäuser“-Vorstellung im herzoglichen Hoftheater, dem heutigen Staatstheater, dann doch stattfand.
Unter glücklichem Stern stand diese Aufführung also nicht, und Wagner war zusätzlich verärgert, weil Kapellmeister Franz Abt ihn nicht zur morgendlichen Probe eingeladen hatte. Womöglich aus gutem Grund, denn die Striche, die Abt in der Partitur vorgenommen hatte, sollen gewaltig gewesen sein. Und pathetisches Gestikulieren der Sänger an der Rampe, von dem Augenzeugen berichten, war nun schon gar nicht Wagners Sache. Aber wie das dramatisch beglaubigte Singen aussehen sollte, das er anstrebte, wollte Wagner den Sängern ja in den Bayreuther Musteraufführungen erst beibringen. Cosima Wagners Tagebucheintrag über Schroetter fiel denn auch wenig schmeichelhaft aus: „Unsinnige Darstellung und wenig Stimme“.
Auch mit Franz Abts Tempi war Wagner vielfach nicht einverstanden und ließ das den Dirigenten noch bei der Abfahrt am 15. April auf dem Braunschweiger Bahnhof spüren (heute Landessparkasse im Alten Bahnhof), als er ihm zurief: „Jetzt fahre ich auf der Eisenbahn; schnell, sehr schnell. Da mögen Sie so rasch dirigieren, wie Sie wollen – Sie holen mich nicht ein!“
Solche und andere Bemerkungen wurden unter anderem von Hans Sommer aufgezeichnet, dem Komponisten und Mathematiker, der schon bei dem improvisierten Essen an Wagners Ankunftstag in Schraders Hotel dabei war. Er wurde mit Wagners gut bekannt und gründete in Braunschweig einen Wagner-Verein. Der Braunschweiger Wagner-Verband befasst sich bis heute mit der Einführung in Wagners Werke und der Förderung des künstlerischen Nachwuchses.
Mehr Freude als im Hoftheater hatte Wagner offenbar in Schraders Hotel. So dirigierte er ein Militärmusikständchen am Abreisetag aus dem Fenster heraus mit. Und unterhielt sich beim Abschlussbankett so angeregt mit der Opernsängerin Hedwig Scheuerlein, dass er sich von ihr mit „herzhaften Küssen“ verabschiedete, wie Zeugen berichten.
So also erging es Richard Wagner in Braunschweig. Zu schnelle Tempi, kein passender Tenor, kein Sinn für Dramatik, aber Küsse, dass es nur so schallte. Andreas Berger